Faktencheck Dünenpark: Update Dezember 2020

Faktencheck 3

12.12.2020
Wir haben bislang noch keine konkreten Hinweise oder Kommentare von der DSK-BIG bekommen bezüglich einer möglichen Ergänzung oder Korrektur unseres Faktenchecks, sind aber auf duenenpark-sylt.de fündig geworden. Danke an die DSK-BIG für die Übernahme unseres Faktenchecks und Ihre Stellungnahme!

Wir erlauben uns nun unsererseits, die Kommentare zu kommentieren und bitten jetzt schon um Entschuldigung dafür, dass es im Folgenden etwas „bunt“ und fachlich noch genauer wird.

Alles in lila ist Text von der Seite des Dünenparks, abgerufen am 12.12.2020, siehe Quellennachweis. Unsere Kommentare zu den Kommentaren sind grün, unser Ursprungstext ist bis auf die Überschriften schwarz. Den Vorspann lasse ich auf Grund der Übersichtlichkeit hier weg, der ist unter der angegebenen Quelle abrufbar.

Unsere Kommentare zum sogenannten:

„FAKECHECK des Faktenchecks der Grünen“

Im Folgenden zitieren wir den vollständigen Faktencheck von Frau Margot Böhm (abgerufen am 11.12.2020 siehe Quellennachweis).


Wieviel bezahlbarer Wohnraum bringt der Dünenpark wirklich?

Ich bin als Gemeindevertreterin allein den jetzigen Einwohner*innen von List verpflichtet sowie den zukünftigen Generationen (Gemeindeordnung § 1, 1) – und das auf der Basis geltenden Rechts.

In wie weit das nun scheinbar endverhandelte Projekt Dünenpark den Interessen der Lister Bevölkerung und insbesondere auch den zukünftigen Generationen entspricht, muss jede*r selbst entscheiden. Bezahlbaren Wohnraum wird es aus jetziger Sicht in 30 Jahren dort wohl nicht mehr geben.

Auf den mehr als 50 Grundstücken, die der Gemeinde List von der DSK-BIG unentgeltlich übertragen werden, kann die Gemeinde bezahlbares Wohnen zeitlich unbegrenzt fortsetzen. Das gilt auch für die 105 Wohneinheiten in den „5 Schwestern“; hier bekommt die Gemeinde ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Somit kann die Gemeinde List bezahlbares Wohnen in mehr als der Hälfte aller Einheiten auch über das Jahr 2050 hinaus realisieren.

Leider ist die Gemeinde irgendwann außen vor, wenn Eigentümer*innen ihre Häuser und Wohnungen zu marktüblichen Preisen verkaufen. Die Erfahrungen auf der Insel zeigen, dass das in der Regel innerhalb von 30 Jahren geschieht, meistens früher:

„Da Erbbaurechte weiterverkauft werden können, ist es für die Gemeinde mit Hinblick auf die Sicherung von Dauerwohnraum von besonderer Bedeutung, Spekulationsverkäufe soweit möglich zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird in der Regel für 20 Jahre (ein längerer Zeitraum kann vertraglich nicht vereinbart werden) eine Verkaufspreisbindung vertraglich festgeschrieben bzw. die Gemeinden haben innerhalb der ersten 20 Jahre nach Vertragsabschluss die Möglichkeit, das Grundstück zum Ursprungspreis zurückzukaufen.

Für die ersten 20 Jahre können damit Preissteigerungen und spekulative Verkäufe unterbunden werden. Aufgrund der vergleichsweise langen Restlaufzeit des Erbbaurechts wird jedoch befürchtet, dass nach dem Ende der Verkaufs- preisbindung hohe Preise für bestehende Erbpachtgrundstück gezahlt werden, die die ortsansässige Bevölkerung als potenzielle Käuferschicht ausschließen. Vor diesem Hintergrund werden teils auch kürzere Laufzeiten der Erbpachtverträge vereinbart (50 Jahre Gemeinde Sylt, 66 Jahre Gemeinde Wenningstedt- Braderup). Damit sollen hohe Preissteigerungen nach dem Wechsel der Erbpachtnehmer verhindert werden.“ (ALP-Studie S. 43-44).

Wir Lister Grünen sehen das kritisch – und rechtlich gesehen steht das Projekt, so wie es jetzt verhandelt wurde, auf tönernen Füssen. Es entspricht nicht den Zielen, die in der Landesplanung hinterlegt sind und nicht unseren.

Die Landesplanung will genauso wie wir den Bau von dauerhaft bezahlbarem, bedarfsgerechten Wohnraum ermöglichen. Leider müssen wir  zur Kenntnis nehmen, dass das mit den gegenwärtigen Planungen nicht in ausreichendem Maße gelingen wird.

Mehr als die Hälfte des Dauerwohnraums im „Dünenpark“ wird preisgedämpft mindestens 30 Jahre angeboten. Auch der maximale Zeitraum der Sozialen Wohnraumförderung des Landes Schleswig-Holstein beträgt nur 35 Jahre

Ja, die 30 Jahre sehen wir auch.

...die Instrumente der Absicherung des Dauerwohnraums entsprechen vollumfänglich denen des ROV.

Das mag sein, denn der uns bekannte ROV-Entwurf verlangt keine so starken Sicherungsinstrumente wie das WEK.

Ich habe das Projekt lange Zeit wohlwollend begleitet, soweit man mir einen Einblick gewährt hat.
Das zuletzt ausgehandelte Ergebnis kann ich – insbesondere vor dem Hintergrund der geltenden Regelungen – jedoch leider nicht mehr wirklich unterstützen.


Wie viele Dauerwohnungen sollen gebaut werden?

Es handelt sich um knapp 300 Einheiten für Menschen mit Arbeit und Lebensmittelpunkt auf Sylt. Ein Großteil davon wird zu „marktüblichen Preisen“ verkauft, mit Tiefgarage und nahezu barrierefrei – aber leider nicht für die Zielgruppe, für die (nach ALP-Studie und ROV-Entwurf) auf Sylt eigentlich gebaut werden soll.

Barrierefrei nach Landesbauordnung (LBO) werden in den „5 Schwestern“ 37 Wohnungen, in den Mehrfamilienhäusern 44 Wohnungen gebaut. Insgesamt entstehen im „Dünenpark“ also 81 barrierefreie Wohnungen, weitere 77 Wohnungen sind barrierearm, können als schwellenlos betreten werden.

Über diese neuen Entwicklungen freuen wir uns sehr. 


Wieviele Wohnungen sind denn nun bedarfsgerecht und bezahlbar? Und sind die Reihenhäuser nicht auch günstig?

Die 39 Reihenhausscheiben werden auf Erbpachtbasis abgegeben zu einem Preis von ca. 500.000 Euro. Das ist sicherlich günstig für Sylter Verhältnisse.
Als bezahlbar können weiterhin die 105 Mietwohnungen in den ehemaligem Kasernenunterkünften angesehen werden. Diese sind geplant mit Kaltmieten zwischen 6,10 bis 10,50 Euro pro qm. Die ersten 4 Jahre ist eine Mieterhöhung nicht möglich. Danach ist mit jeweiligen Mietsteigerungen von 6 % in 3 Jahren zu rechnen. Diese Wohnungen werden nicht barrierefrei sein – obwohl klar ist, dass der Bedarf an barrierefreien Wohnungen insbesondere für Senior*innen in List kontinuierlich steigt. (Update 08.12.: laut mündlicher Aussage von Dr. Weinstock in der gestrigen Bauausschusssitzung hat sich die Planung geändert: ein Drittel der Wohnungen in den „5 Schwestern“ sollen jetzt doch barrierefrei werden!).

Es wurde nicht die Planung geändert, sondern erst jetzt können wir abschließend beurteilen, dass die Wohnungen im Bestand die Anforderungen der LBO an Barrierefreiheit erfüllen. Das stand zum Zeitpunkt der Einwohnerinformationsveranstaltung im September nicht fest, und da wir keine leeren Versprechungen machen mussten wir zu dem Zeitpunkt die Frage nach Barrierefreiheit verneinen. Jetzt freuen wir uns, dass wir auch in den „5 Schwestern“ 37 barrierefreie Wohnungen anbieten werden, und dafür bedanken wir uns bei unseren Architekten von AX5 sowie unserem Baumanagement für ihre gute Arbeit. Die Grünen hingegen haben daran keinen Anteil, und wenn sie dieses Ergebnis jetzt für sich reklamieren, ist das die Unwahrheit.

Bei der Zahl von 105 ist zu beachten, dass 50 Arbeitsplätze mit dem entsprechenden Wohnungsbedarf zusätzlich durch das Projekt Dünenpark (Feriensiedlung) erwartet werden.

Weitere 26 Wohnungen sind für Saisonarbeiter*innen vorgesehen.

Nein – wir haben uns freiwillig verpflichtet, maximal 25 % der Wohneinheiten an Arbeitgeber zu überlassen, die diese Wohnungen für Mitarbeiter anmieten. Eine ausschließliche Nutzung durch Saisonarbeiter ist hingegen nicht vorgesehen.

Real bleiben also von 105 Wohnungen im bezahlbaren Segment ca. 40-50 Wohnungen übrig für aktuell auf der Insel wohnungssuchende Menschen.

Nein – real bleiben für wohnungssuchende Insulaner von 144 Reihenhäusern und Wohnungen 144 Reihenhäuser und Wohnungen im „bezahlbaren Segment“.

Da kommt es natürlich drauf an, was man unter „bezahlbar“ versteht – was uns dazu führt, genauer zu prüfen, in welchen Einkommensklassen der Großteil der Menschen sind, die eine Wohnung suchen.
„Die Wohnungen sollten möglichst ausnahmslos preisreduziert (unterhalb des freifinanzierten Preisniveaus von 15 € bis 20 € nettokalt pro m2 Wfl.) errichtet werden. Der Fokus sollte dabei auf kleine und familiengerechte Wohnungen ausgerichtet sein. (
ALP-Studie S.49). 

Zur besseren Einordnung: Die vom Land beauftragte ALP-Studie geht von einen Wohnraumbedarf von 2521 Wohnungen im bezahlbaren Segment aus, wenn nicht noch zusätzliche Bedarfe durch neue Ferieneinheiten entstehen. 

„Jedes zusätzliche gewerbliche und/oder touristische Großprojekt zieht weitere Gäste, einen weiteren Arbeitskräftebedarf und folglich eine zusätzliche Wohnraumnachfrage nach sich.“ (ALP-Studie S. 51).

Also sind ca. 50 Wohnungen plus 39 Reihenhäuser viel zu wenig für die größte Potentialfläche im Wohnungsbau auf der gesamten Insel.

„Vor dem Hintergrund des eklatanten Flächendefizits und des zukünftig kaum bedarfsdeckend realisierbaren Wohnungsneubauumfangs auf der Insel Sylt wird eine gesamtinsulare gegenüber einer gemeindlichen Bilanzierung empfohlen. Der Wohnungsmarkt ist ein regionaler Markt und sollte so auch wahrgenommen werden. Alle Gemeinden der Insel Sylt gehören zu diesem Wohnungsmarkt. Dies impliziert, dass Gemeinden mit Flächenüberhängen über ihren eigenen Bedarf hinaus Flächen realisieren sollten, um so das gesamtinsulare Defizit zu minimieren. Für eine gesamtinsulare Betrachtung des Wohnungsmarktes sprechen auch die bestehenden prognostische Unschärfen bei den kleineren Gemeinden sowie die Nicht-Berücksichtigung von gemeinde- spezifischen Zusatzbedarfen, wie sie beispielsweise durch die Neuansiedlung von größeren Arbeitgebern entstehen können.“ (ALP-Studie S.47). 

ALP ermittelt in ihrem Gutachten einen Wohnraumbedarf von 2.521 Wohnungen (ALP, S. 37). Der Dünenpark deckt mit rd. 300 Wohneinheiten ca. 12 % des gesamten insularen Bedarfs bis 2030. An keiner Stelle hingegen definiert ALP, dass es sich dabei ausschließlich um bezahlbaren Wohnraum handeln müsse. Vielmehr untersucht ALP detailliert den zielgruppenspezifischen Bedarf und kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass für die Gewinnung von Arbeitskräften auch attraktiver Wohnraum erforderlich ist und teilweise Wohnungen gesucht werden, die über den förderfähigen Wohnungsgrößen liegen (S. 24 ff.). Mit anderen Worten: Erforderlich ist auch auf Sylt ein vielfältiger Wohnungsmix in unterschiedlichen Größen und Qualitäten.

Zum Thema „Bedarf“ sagt die ALP-Studie:

„Deutlich überdurchschnittliche Einkommen sind in den für Sylt besonders relevanten Branchen Tourismus, Gastgewerbe und öffentliche Daseinsvorsorge die seltene Ausnahme. Vor diesem Hintergrund ist ein freifinanzierter Wohnungsneubau möglichst auszuschließen. Da auf der Insel nahezu Vollbeschäftigung besteht und nur wenige Haushalte auf Transferleitungen angewiesen sind, richtet sich der Wohnungsneubau fast ausschließlich an Beschäftigte mit geringen und mittleren Einkommen. „ (ALP-Studie S. 26). 


Wie lange sind die bezahlbaren Kaltmieten gesichert?

Maximal 35 Jahre, danach ist der Eigentümer nicht mehr gebunden. Ziemlich ungünstig für unsere Kinder und Enkelkinder. Hier dazu die fachliche Beurteilung aus der Inselverwaltung.


Wer soll die Wohnungen bekommen?

Die Gemeinde hat Belegungsrecht und entsprechend hat sie einen Kriterienkatalog für Bewerber*innen auf eine Wohnung im Dünenpark erstellt. Erstaunlicherweise sollen diese Kriterien nicht angewendet werden bei Bewerbungen, die vor dem Januar 2021 eingegangen sind. Eine sachliche Begründung für dieses „zweierlei Maß“ ist mir nicht bekannt. Das Thema wird in der Sozialausschusssitzung am 10.12. behandelt.
(Update 12.12.: Der Sozialausschuss empfiehlt, den Kriterienkatalog für alle Bewerber*innen anzuwenden. Es stehen bereits über 100 Personen auf der Warteliste.)


Kommt das Car- und Lastenbike-Sharing und das kostenfreie Busticket für Feriengäste?

Dazu hat sich DSK-BIG nicht verpflichtet, denn dazu steht nichts im Städtebaulichen Vertrag. Es war gar nicht mehr Teil der Verhandlungen!

Es ist zutreffend, dass das Mobilitätskonzept nicht im städtebaulichen Vertrag verankert ist. Es ist allerdings nicht zutreffend, dass darüber nicht zwischen der Gemeinde und der DSK-BIG verhandelt wurde. Tatsächlich befinden wir uns in der Vorbereitungsphase des Mobilitätskonzeptes.


Ist eine Lösung gefunden worden, um das Schwimmbad zu sichern?

Nein. Auch dabei sind wir auf den guten Willen der DSK-BIG angewiesen.

Es ist zutreffend, dass aus verschiedenen Gründen die Sanierung des Schwimmbads nicht in den städtebaulichen Vertrag aufgenommen wurde. Es ist allerdings auch zutreffend, dass wir zugesagt haben, uns mit einem Betrag von bis zu 4 Mio. EUR an der Sanierung des Schwimmbads zu beteiligen und die Sanierung in Eigenregie durchführen. Mit der Gemeinde erarbeiten wir derzeit das Konzept der Sanierung und die Beantragung von Fördermitteln.

Kann auf dem Dünenparkgelände jetzt zeitnah gebaut werden?

Nein. Ohne abgeschlossenes Bauleitverfahren (Satzungsbeschluss) gibt es kein Baurecht.


Wann kann es denn den Satzungsbeschluss frühestens geben?

Nach Unterzeichnung einer interkommunalen Vereinbarung in Sachen Dauerwohnraum und nach einem positiven Bescheid des sogenannten Zielabweichungsverfahrens bezüglich des Ferienparks. Das sind zwei verschiedene Dinge.


Was heißt das genau?

In Sachen Dauerwohnraum muss es eine insulare interkommunale Vereinbarung zwischen den Sylter Gemeinden und dem Land geben, die es ermöglicht, außerhalb von Westerland und Tinnum mehr Wohnungen zu bauen, als es der Landesentwicklungsplan (LEP) vorgibt. Dafür sollte der ROV (RaumOrdnerischeVertrag) von allen Gemeinden unterschrieben werden. Weil jedoch die Gemeinde Sylt nicht mitzieht, soll ein geänderter ROV nur zwischen den Amtsgemeinden abgeschlossen werden. Dafür braucht es aber neuerliche Beschlüsse aller beteiligten Gemeindevertretungen. Diese liegen noch nicht vor.


Was ist denn am ROV ausschließlich mit den 4 kleinen Gemeinden insular? Ist das überhaupt rechtens?

Das ist nicht abschließend geklärt, dazu gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen.


Warum überhaupt ein neues interkommunales Verfahren? Wir haben doch bereits das Wohnraumentwicklungskonzept (WEK)?

Wäre damit eine weitere Wohnungsbautätigkeit in den Amtsgemeinden nicht auch möglich? Dem WEK wurde zwar in allen Gemeinden zugestimmt, aber es wurde nicht als interkommunaler Vertrag zwischen den Gemeinden unterschrieben. Dass dies aber für das Inkrafttreten nötig ist, war bis vor wenigen Wochen niemandem in den Gemeindevertretungen bewusst.


Was ist denn der Unterschied zwischen ROV und WEK?

Das WEK schreibt Maßnahmen zur Sicherung von Dauerwohnraum verbindlich vor, der ROV nicht.

Das ist falsch – auch der ROV schreibt einen Katalog an Sicherungsinstrumenten verbindlich vor, mit denen Dauerwohnraum wirksam abgesichert wird.

Während das WEK die Sicherungsinstrumente datailliert und verbindlich beschreibt, sagt der ROV lediglich folgendes:
„So soll eine bedarfsgerechte, auf vorhandene Potenzialflächen ausgerichtete und an die naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Wohnungsbauentwicklung für Dauerwohnungen ermöglicht und zur Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten motiviert werden, um dem andauernden Umwandlungsprozess zu begegnen.“ (ROV-Entwurf S. 2).


Warum hat die Landesplanung nicht die Sicherungselemente für Dauerwohnraum aus dem WEK in den ROV übernommen?

Laut Landesplanung erfüllen die Sicherungselemente sowieso nicht ihren Zweck. Denn nicht das Land, sondern die Kommunen und der Kreis haben die Sicherungselemente vor Ort durch zu setzen. Das ist bis jetzt nie geschehen und in der Landesplanung glaubt man nicht, dass dies jemals passieren könnte. Also hat man keine starken Sicherungselemente im ROV-Entwurf formuliert.
Das ist ein bisschen so wie wenn man feststellt, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen an unfallträchtigen Stellen nicht eingehalten werden – und sie dann einfach wieder abschafft, statt die Stadt immer wieder auf zu fordern, gegen die Raser vor zu gehen.


Passen die Pläne des Dünenparks denn zu den Zielen des ROV?

Nein, auch das nicht. Der ROV-Entwurf will, dass bezahlbarer und bedarfsgerechter Dauerwohnraum in ausreichendem Maße entsteht. Was das ist, definiert die durch das Land in Auftrag gegebene Studie zur Wohnraumbedarfsentwicklung (ALP-Studie).

Die Sicherungsinstrumente, die im städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde List und der DSK-BIG vereinbart wurden, stellen dauerhaft sicher, dass mehr als 300 Wohneinheiten im Dünenpark ausschließlich als Dauerwohnraum genutzt werden. Davon sind mehr als die Hälfte der Wohneinheiten preisreguliert. Von den rund 120 Wohnungen in den elf Mehrfamilienhäusern östlich des Generationenplatzes steht derzeit noch nicht fest, ob diese als Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen angeboten werden. Der Wohnungsmix orientiert sich in Größe und Qualität am voraussichtlichen Bedarf (vgl. hierzu ALP S. 24), und deshalb wird es neben mehr als 50 % im „bezahlbaren Segment“ auch Wohnraum in mittlerer und gehobener Ausstattung geben.

Die entsprechenden Passagen zum Thema „bedarfsgerecht“ und „bezahlbar“ aus der ALP-Studie haben wir oben bereits zitiert. 

Darauf bezieht sich auch der ROV-Enwurf:

„Die Schaffung von bezahlbarem Dauerwohnraum ist für die Inselgemeinden nur mit erheblichen Anstrengungen zu erreichen. Es ist weiterhin ein dauerhafter Umwandlungsprozess von Dauerwohnungen zu Ferien- und Zweitwohnungen zu beobachten, der dem Markt weitere Wohnungen für das Dauerwohnen entzieht. Dringend benötigte Arbeitskräfte und andere Wohnungssuchende finden nur unter großen Schwierigkeiten eine bezahlbare Wohnung. Daraus resultieren erhebliche Probleme für die Inselgemeinden, insbesondere im Hinblick auf die Aufrechterhaltung von Angeboten der kommunalen Daseinsvorsorge.

Vor diesem Hintergrund zielt diese Vereinbarung darauf, eine bedarfsgerechte wohnbauliche Entwicklung für das Dauerwohnen auf der Insel Sylt zu ermöglichen, um die landesplanerischen Zielsetzungen sicherzustellen.“ (Präambel ROV-Entwurf)


Was hat es denn mit dem Zielabweichungsverfahren auf sich?

Die Planung zum Ferienpark widerspricht den Zielen des Regionalplans V aus dem Jahre 2002. Dort wurde festgelegt, dass größere Ferienparks auf Sylt gar nicht mehr gebaut werden sollen, denn die Belastungsgrenze der Insel galt bereits damals als erreicht.
Ausnahmen können unter Umständen gemacht werden, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Deshalb hat die Gemeinde ein Zielabweichungsverfahren beantragt.


Kann das Zielabweichungsverfahren denn positiv beschieden werden?

Das ist mehr als fraglich. In sachlicher Hinsicht nicht, denn die Ausnahmetatbestände liegen unseres Wissens nicht vor.“
Update 8.12.: Herr Dr. Weinstock hat mich darum gebeten, ihn nicht „Investor“ zu nennen. Er möchte lieber „Projektentwickler“ genannt werden. Ich habe deshalb den Begriff „Investor“ aus dem Text herausgenommen.

Die Voraussetzungen, an denen sich das Zielabweichungsverfahren orientiert, werden in den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung definiert (Regionalplan Schleswig-Holstein 2002, S. 22 f). und liegen u.a. dann vor, wenn sie der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit dienen und sich in das Orts- und Landschaftsbild einfügen.

Das Schreiben der Landesplanung vom 9.5.2019 (Uhl – Amt Landschaft Sylt) sagt klar, dass die Ermöglichung von Ausnahmen vom Verbot der Errichtung neuer Ferienparks auf Sylt (Regionalplan V – 2002) nur prüfbar sind auf Basiseines jeweils abgestimmten inselweiten Gesamtbedarfskonzeptes  (u.a. Verkehr, Ver- und Entsorgung, Naturraum, Bevölkerungsentwicklung, Baufertigstellung, touristischer Gesamtbilanzierung) und dass es allenfalls als qualitativer Ersatz für verloren gegangene Ferienbetten genehmigt werden kann auf Basis einer Bilanzierung des Gesamtzuwachses in den letzten Jahren. 
All das liegt unseres Wissens nach nicht vor. Die
GEWOS-Studie für List belegt bis 2018 sogar einen Anstieg der Ferienbetten (Entwurf zur Auslegung im B-Planverfahren Juni/Juli 2020, S. 19).


Fazit:

Wir brauchen sowohl bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnungsbau als auch wirksame Sicherungsinstrumente für vorhandenen Dauerwohnraum. Das muss in gemeinsamer Anstrengung von Gemeinden, Kreis, Land und letztlich auch Bund in Angriff genommen werden.
Was wir nicht brauchen sind weitere Ferienwohnungen, Zweitwohnungen und sogenannte Dauerwohnungen, die sich die Normalbevölkerung nicht leisten kann.
Die jetzige Überplanung des Dünenparkgeländes entspricht nicht dem, was List braucht.


Ausblick:

Für das Wohl der Menschen in List und auf der Insel müssen wir uns mit Wegen zu möglichen Lösungen beschäftigen, mit einem real umsetzbaren Plan B. Wir müssen uns mit allen Beteiligten – Projektentwickler, Gemeindevertretung, Bürger*innen, Land, ggf. Bund auf den Weg machen, um das Gelände neu zu denken.
Eine lebendige Demokratie gibt Gemeinden und Bürger*innen die Möglichkeit, sich einzubringen auf dem Weg in eine sich immer wieder wandelnde Zukunft. Dabei ist es notwendig, gemeinsam im offenen Dialog einen umsetzbaren Lösungsweg in die gewünschte Zukunft zu finden. Gestaltend und nicht nur reagierend.

Margot Böhm

P.S.: Diese Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammen getragen. Wir bemühen uns, Aktualisierungen zeitnah einzufügen. Für konkrete Hinweise sind wir dankbar.

Quelle: Margot Böhm, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN List auf Sylt (2020, Dezember, 8): Faktencheck Dünenpark: Update Dezember 2020, abgerufen am 11.12.2020, von https://gruene-list.de/faktencheck-duenenpark-update-dezember-2020

Quelle: https://duenenpark-sylt.de/2020/12/11/fakecheck-unser-check-des-faktenchecks-der-gruenen-zum-duenenpark-list/ – abgerufen am 12.12.2020,
Autor*in nicht namentlich benannt.