Es ist nachvollziehbar, wenn die Anwesenheit von Vogelnestern nicht von jedermann mit Freude aufgefasst wird. Hinterlassenschaften von Schwalben in Durchgängen, ein Taubennest zwischen den Gartengeräten, Möwengeschrei auf dem Dach. Doch das Entfernen von Vogelnestern ist eine Straftat.
Unter §44 Absatz 1 im Bundesnaturschutzgesetz findet man geschrieben:
(1) Es ist verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (…)
Das sagt sich leicht, wenn die Möwen einen den Schlaf rauben, die Tauben ihr Nest gerade zwischen die Gartengeräte gebaut haben oder eine Amsel direkt im Feuerholz brütet. Vielleicht hilft in einigen Fällen aber ein Blick auf die Ursachen für die Invasion der Vögel in unser Umfeld.
Möwen haben schon immer auf Sylt gebrütet, und zwar in erheblich größerer Anzahl. Bis in das 19. Jahrhundert gab es riesigen Möwenkolonien in den Dünen der Insel. Eierklau durch Bewohner, Festsetzung der Dünen durch Bepflanzung und das Auftauchen von Bodenprädatoren wie zum Beispiel der Fuchs über den Eisenbahndamm. Möwen und andere Bodenbrüter haben kaum noch Chancen erfolgreich zu brüten. Ein Glück für die Möwen, dass sie auf unseren Flachdächern zumindest ein bisschen Platz gefunden haben!
Auch der Bestand der heimischen Schwalbenarten – Rauch- und Mehlschwalbe – ist rückläufig. Das hat mehrere Gründe, die wichtigsten sind jedoch der Rückgang von Insekten als Nahrung, sowie immer weniger Nistmöglichkeiten. Alte Gebäude werden abgerissen, moderne Häuser gebaut. Die Schwalben kommen im Frühjahr aus dem Überwinterungsquartieren und finden ihre Nistplätze nicht wieder. Auch bieten moderne Häuser häufig nicht die benötigten Ecken und Dachvorsprünge.
Fast immer lässt sich der Rückgang von Vogelbeständen auf menschliche Ursachen zurückführen – und ein großer Anteil der heimischen Vogelarten ist rückläufig. Vielleicht müssen wir die Vögel in unserer Umgebung einfach versuchen zu akzeptieren. Und vielleicht sogar Maßnahmen ergreifen, den Vögeln zu helfen.
Timm Kress